Barrierefreie Website – Die wichtigsten Infos zum BFSG


Barrierefreie Websites sind für viele private Unternehmen durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ab Mitte 2025 Pflicht. Doch obwohl das Gesetz bald in Kraft tritt, gibt es nach wie vor viele Unsicherheiten und Verwirrungen rund um das Thema.
Wer ist von dem Gesetz tatsächlich betroffen? Welche Pflichte gilt es zu erfüllen? Gibt es Ausnahmen oder Übergangsfristen?
Wir möchten mit diesem Artikel etwas Klarheit schaffen – und die wichtigsten Fragen rund um das barrierefreie Websites und das BFSG verständlich beantworten.
Wichtig: Wir sind selbstständige Webdesigner, Webentwickler und Accessibility-Experten, aber keine Juristen. Dieser Beitrag ersetzt daher keine rechtliche Beratung, sondern soll vielmehr einen ersten, klaren Überblick geben und praxisnahe Tipps zur Orientierung liefern.
- Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
- Ab wann gilt das Gesetz?
- Wen betrifft das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – und wen nicht?
- Welche Folgen hat das BFSG für B2B-Unternehmen?
- Welche Produkte fallen unter dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
- Welche Dienstleistungen fallen unter dem BFSG?
- Welche Websites fallen unter dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
- Muss eine Website auch barrierefrei sein, wenn keine Bezahlung über die Website erfolgt?
- Was gilt für Online-Terminbuchungen und Kontaktformulare?
- Barrierefreie Website – Welche allgemeinen Pflichten gelten?
- Barrierefreiheit – zusätzliche Pflichten für Dienstleister
- Barrierefreiheit Testen – Ist meine Website bereits barrierefrei?
- Wie erstellt man eine barrierefreie Website?
- Wie sieht es mit alten Videos und Audios aus?
- Muss eine barrierefreie Website auch Leichte Sprache anbieten?
- Müssen eingebundene Website-Inhalte von Drittanbietern auch barrierefrei sein?
- Macht eine barrierefreie Website auch Sinn, wenn das BFSG nicht greift?
- Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen das BFSG?
- Fazit – barrierefreie Website 2025
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Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Gesetz, das die digitale Teilhabe aller Menschen verbessern soll. Es basiert auf dem European Accessibility Act (EAA) – einer EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit – und hat diese in nationales Recht überführt.
Dabei verfolgt es insbesondere das Ziel, dass jeder – unabhängig von seinen individuellen Fähigkeiten – den gleichen Zugang zu digitalen Angeboten hat und digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei nutzen kann.
Vor diesem Hintergrund definiert es Pflichten für private Wirtschaftsunternehmen und regelt die Marktüberwachung sowie die Durchsetzungsmöglichkeiten des neuen Rechts.
Darüber hinaus soll das BFSG dazu beitragen europaweit einheitliche Standards entsprechend dem EAA zu realisieren. Beispielsweise für Websites, mobile Apps, Selbstbedienungsterminals, E-Books oder Bankdienstleistungen. Auf diese Weise sollen nicht nur Barrieren für Nutzer abgebaut, sondern auch Unternehmen durch klare Vorgaben und Rechtssicherheit entlasten werden, da die bisherigen nationale Regeln der einzelnen EU-Länder z.T. stark voneinander abwichen.
Und zu guter Letzt: es ist ein wichtiger Schritt in Richtung barrierefreies Web.
Ab wann gilt das Gesetz?
Das Barrierefreiheitsgesetz gilt ab dem 28. Juni 2025. Bis dahin müssen die betroffenen Wirtschaftakteure alle Maßnahmen zur Realisierung der digitalen Barrierefreiheit vorgenommen haben, um Ihre Produkte und Dienstleistungen spätestens ab dann barrierefrei anzubieten.
Achtung: Da das Gesetz seit langem bekannt ist, gibt es keine grundsätzlichen Übergangsfristen oder Bestandschutzregelungen. Entsprechend dem § 38 BFSG sieht das BFSG nur in sehr begrenzten Fällen – wie beispielsweise für Selbstbedienungsterminals – eine verlängerte Übergangsfrist vor.
Wen betrifft das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – und wen nicht?
Das Gesetz betrifft alle Hersteller, Händler und Importeure, der in § 1 Abs. 2 BFSG erfassten Produkte und die Erbringer der in Abs. 3 genannten Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern – hierzu gleich mehr.
Nicht von dem Gesetz betroffen sind Kleinstunternehmen die Dienstleistungen erbringen. Nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt – § 2 Nr. 17 BFSG – sind dies Unternehmen, die
- weniger als 10 Personen beschäftigen und
- entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft
Achtung: Die Ausnahmeregelung für Kleinstunternehmen gilt nur für Dienstleister. Kleinstunternehmen die Produkte entsprechend § 1 Abs. 2 BFSG in den Verkehr bringen müssen sich an das Gesetz halten.
Ausgenommen sind zudem Unternehmen, für welche die Umsetzung der Barrierefreiheit eine „unverhältnismäßige Belastung“ darstellen würde oder zu „einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale“ eines Produkts oder Dienstleistung führen würde (§§ 16, 17 BFSG). Dies muss im Einzelfall geprüft und nachgewiesen werden. Die Kriterien hierfür finden sich im § 17 Abs. 1 BFSG in Verbindung mit Anlage 4.
Welche Folgen hat das BFSG für B2B-Unternehmen?
Im Fokus das Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes steht die barrierefreie Nutzung digitaler Angebote durch den Verbraucher. Das BFSG gilt daher eigentlich nur für den B2C-Bereich, so dass reine B2B-Dienstleistungen nicht betroffen sein sollten.
Doch Achtung: Die Härting Rechtsanwälte weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das BFSG für B2B-Unternehmen gilt, wenn die angebotenen Produkte und Dienstleistungen auch von Verbrauchern in Anspruch genommen werden könnten. Wer das ausschließen will muss entsprechende Vorsorge treffen, so dass Privatpersonen z. B. grundsätzlich nicht bestellen können.
Darüber hinaus müssen B2B-Unternehmen, die interessierten Bewerbern, die Möglichkeit bieten sich online zu bewerben – unabhängig vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt – darauf achten, dass das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingehalten wird. Demnach muss gewährleistet sein, dass sich Menschen mit Behinderungen diskriminierungsfrei bewerben können. Zur Beurteilung ob dies der Fall ist, könnten zukünftig die gleichen Erfolgskriterien herangezogen werden wie für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.
Welche Produkte fallen unter dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft vor allem Produkte, die digital bedienbar sind oder digitale Inhalte bereitstellen und von Verbrauchern genutzt werden. Dazu gehören unter anderem:
- Computer und Betriebssysteme – wie klassische PCs, Laptops, Tablets oder Notebooks, die für den privaten Gebrauch bestimmt sind – einschließlich der dazugehörigen Betriebssysteme wie Windows, MacOS oder Linux.
- Selbstbedienungsterminals – wie Geldautomaten, Fahrschein- und Check-in-Automaten
- Endgeräte für die Telekommunikation – wie Smartphones, Router oder Modems
- Geräte für audiovisuelle Mediendienste – wie Smart-TVs, Streaming-Boxen und Multimedia-Receiver sowie
- E-Book-Lesegeräte – wie Amazon Kindle, Tolino, Kobo etc. die für das Lesen digitaler Bücher bestimmt sind.
Alle Infos hierzu finden sich im § 1 BFSG Abs. 2.
Welche Dienstleistungen fallen unter dem BFSG?
Das BFSG betrifft eine Reihe digitaler Dienstleistungen, die sich an Verbraucher richten. Hierzu zählen u.a.
- Telekommunikationsdienste – wie Internet-, Telefon- und Messenger-Dienste für Endverbraucher
- E-Books und dazugehörige Software
- Bestimmte Elemente von Personenbeförderungsdiensten – wie Websites, Apps & Ticketservices von Fernzügen und -bussen, Airlines und Schiffen
- Bankdienstleistungen – wie Online-Banking und Apps von Banken
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr – wie Online-Shops
Alle Infos hierzu finden sich im § 1 BFSG Abs. 3.
Welche Websites fallen unter dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Neben Websites von Personenbeförderungsdiensten und Banken sind vor allem Websites vom BFSG betroffen, die unter „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ fallen und sich an Endverbraucher richten. Hierzu zählen insbesondere:
- Online-Shops
- Reise-Buchungs-Portale
- Websites über die Verbraucherverträge geschlossen werden können.
- Websites über die Buchungen erfolgen können, die auf einen Vertragsabschluss abzielen, so dass der Vertragsabschluss nur noch Formsache ist (z. B. verbindliche online Terminbuchung eines Massagetermins).
Muss eine Website auch barrierefrei sein, wenn keine Bezahlung über die Website erfolgt?
Es kommt darauf an … ausschlaggebend ist nicht, ob für ein Produkt oder eine Dienstleistung bezahlt wird, sondern ob es sich um einen Verbrauchervertrag § 310 Abs. 3 BGB handelt oder auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags entsprechend §2 BFSG Abs. 26 hingearbeitet wird.
Ob die mit dem Vertrag verbundene Leistung oder das Produkt kostenpflichtig ist, ist für das Zustandekommen des Verbrauchervertrags unerheblich.
Demnach können auch kostenlose Leistungen und Produkte wie eine kostenlose Registrierung unter dem BFSG fallen, wenn in dem Zusammenhang z. B. die AGBs akzeptiert werden, wie es bei vielen Social Media Plattformen der Fall ist.
Was gilt für Online-Terminbuchungen und Kontaktformulare?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz geht nicht explizit auf Terminbuchungen, Anfrage- oder Kontaktformulare ein. Die Frage ist daher ob, sie dem elektronischen Geschäftsverkehr – in bestimmten Fällen oder immer – zuzuordnen sind und dadurch vom BFGS betroffen sind. Hierzu gibt es derzeit unterschiedliche Meinungen.
Während die HÄRTING Rechtsanwälte schreiben:
„Entscheidend ist, dass die Website auf den Abschluss eines Vertrags hinwirkt. Das kann durchaus eine Terminbuchung bei einem Friseur oder Arzt sein. Theoretisch denkbar ist auch, dass der Vertrag erst offline geschlossen wird. Dafür muss die Website den Vertrag aber schon so konkret vorbereiten, dass der Offline-Vertragsschluss nur noch Formalie ist.“
Geht eRecht24 noch einen Schritt weiter und betont:
„Bieten Sie als Website-Betreiber Interaktionsmöglichkeiten oder Terminbuchungen über Ihre Website an, zählt dies zum elektronischen Geschäftsverkehr. Ob die von Ihnen angebotenen Dienstleistungen unter das BFSG fallen, ist nicht von Bedeutung.“
Letzteres würde auch Buchungs- und Interaktionsmöglichkeiten einschließen, die rein informativen Zwecken dienen. Beispielsweise wenn ein Unternehmen einen von der Firmenwebsite separaten Blog hat, um über den aktuellen Wissensstand in der Forschung zu berichten und auf der Kontaktseite ein Formular eingebunden ist.
Das lässt sich zwar für uns aus den dem §2 Abs. 26 BFSG sowie aus der Definition der EU zum elektronischen Geschäftsverkehr nicht herauslesen, aber wenn Du bezüglich Deiner Website auf Nummer sicher gehen willst, empfehlen wir auf jeden Fall ein Fachanwalt hinzuzuziehen.
Festzuhalten ist aber, dass gerade Online-Terminbuchungen, Reservierungen und Interaktionsmöglichkeiten, die bewusst darauf abzielen einen Verbrauchervertrag zu schließen, barrierefrei gestaltet werden müssen. Als Beispiel hierfür hat die Bundesfachstelle Barrierefreiheit in ihrem Leitlinien zur Barrierefreiheit (Punkt B) ein Friseurgeschäft mit Online-Terminbuchungsmöglichkeiten beschrieben, das klar als „Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr“ bewertet wurde.
Indikatoren hierfür könnten z. B. die Bestätigung der AGBs oder Stornierungsbedingungen im Rahmen der Buchung sein.
Barrierefreie Website – Welche allgemeinen Pflichten gelten?
Während das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz definiert, welche Produkte und Dienstleistungen und damit verbundene Websites von dem Gesetz betroffen sind, regelt die sogenannte Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – kurz BFSGV – die Pflichten, die sich für die betroffenen privaten Wirtschaftsunternehmen ergeben.
So müssen Websites und Apps entsprechend §12 Abs. 3 BFSGV auf konsistente und angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.
Das klingt erstmal gut, doch was bedeutet das tatsächlich?
Konkretisierungen finden sich in der BFSGV nicht, jedoch wird unter §3 Abs. 2 BFSGV darauf hingewiesen, dass die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit regelmäßig technische Standards und Konformitätstabellen auf dessen Website veröffentlichen soll.
Tatsächlich verweist die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit auf die Norm EN 301 549, die sich wiederum auf den international anerkannten Standards Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 – Level AA referenziert. Und genau daraus ergeben sich die tatsächlichen Anforderungen und Pflichten für Websitebetreiber.
Zum Glück sind die WCAG Standards, die vom angesehenen World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt wurden und daher für die tatsächliche technische Realisierung einer barrierefreien Website eine sehr gute Quelle sind.
So definieren die WCAG für jede der 4 Aspekte – wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust –was sich dahinter verbirgt und was technisch erfolgen muss, damit diese Kriterien erfüllt sind.
Tipps:
- Als Einstieg empfehlen wir Dir unserem Artikel „Accessibility“, der Erfolgskriterien erläutert und konkrete Tipps für die praktische Umsetzung bereithält.
- Alle weiterführenden Informationen und Details zu den Web Content Accessibility Guidelines findest Du auf der Webseite des w3c: https://www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag/
Barrierefreiheit – zusätzliche Pflichten für Dienstleister
Neben der eigentlichen Realisierung einer barrierefreien Website in Sinne des §12 Abs. 3 BFSGV müssen Unternehmen, die Dienstleistung im Sinne des BFSG über ihre Website anbieten, zusätzliche Anforderungen erfüllen. Hierzu zählen insbesondere:
- Die Veröffentlichung einer Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Website. Die Erklärung muss dabei selbst barrierefrei gestaltet sein – also für jeden zugänglich und ohne Barrieren nutzbar (§ 12 Abs. 1 BFSGV).
- Die Bereitstellung einer barrierefreien Kontaktmöglichkeit auf der Website, über die Besucher Barrieren melden können (§ 12 Abs. 2 BFSGV).
- Für Online-Shops bzw. Händler von Produkten, die unter das BFSG fallen, gilt zudem: Die betroffenen Produkte und Dienstleistungen dürfen nur dann angeboten werden, wenn sie den Anforderungen des BFSG und der BFSGV entsprechen – also korrekt gekennzeichnet, leicht verständlich dokumentiert und CE-zertifiziert sind (§§ 6–9 BFSG). Darüber hinaus habe Händler eine Prüf- und Meldepflicht entsprechend § 11 BFSG, wenn ihnen Barrieren bekannt sind.
Weitere branchenspezifische Zusatzpflichten – z. B. für Banken, Personenbeförderungsunternehmen und Telekommunikationsdienste – finden sich in den §§ 12 – 19 BFSGV.
Barrierefreiheit Testen – Ist meine Website bereits barrierefrei?
Nach einer Studie von Aktion Mensch und Google aus dem Jahr 2023 waren nur ein Fünftel aller Webshops in Deutschland barrierefrei. Und auch nach einer eigenen aktuellen Studie zur Barrierefreiheit der Websites von Banken und Versicherungen war im März 2025 noch keine einzige, der geprüften Website komplett barrierefrei.
Zwar gibt es inzwischen Unternehmen, die nahezu barrierefrei sind und mit gutem Beispiel vorangehen, doch die Unterschiede selbst innerhalb einer Branche sind riesig. Das zeigt wie groß das Potential und der Handlungsbedarf nach wie vor ist.
Du willst wissen, ob Deine Website schon barrierefrei ist? Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten wie Du starten kannst:
Eigene Barrierefreiheit-Tests durchführen mit Browsertools
Hierzu kannst Du kostenlose Tools nutzen wie …
- Google Lighthouse – Ideal für Webentwickler & Designer – zeigt z. B. Fehler in der semantischen Reihenfolge, zu geringe Farbkontraste und zu kleine klickbare Elemente wie Buttons
- WAVE – Allgemeines Tool zum Testen der Barrierefreiheit, das Fehler direkt auf der Website anzeigt
- PEAT – Tool zum Testen, ob ein Website-Element Krampfanfälle auslöst,
- Color Contrast Analyser (CCA) – zum Testen, ob das Kontrastverhältnis gut ist und so eine optimale Lesbarkeit gewährleistet wird.
Diese Tools ersetzen nie eine vollständige Barrierefreiheitsprüfung, aber sie können Dir erste Hinweise geben.
Manuelle Test selbst durchführen
Nicht jeder manuelle Test ist von jeder Person gut durchführbar, da hierfür z.T. Geräte verwendet werden, die speziell für Menschen mit bestimmten Behinderungen oder Einschränkungen erstellt wurden. Dennoch sind einige, wesentliche Test gut prüfbar. Hierzu zählen vor allem:
- Responsive Webdesign Check: Prüfe, ob Deine Website auf jedem Gerät einwandfrei aussieht und funktioniert. Sind z. B. alle Links auf mobilen Geräten klickbar? Kann Deine Website sinnvoll gezoomt werden oder verschwinden Elemente bei der Vergrößerung aus dem Bildschirm?
- Keyboard-Accessibility-Check: Barrierefreie Websites müssen zu 100% rein mit der Keyboard-Tastatur bedient werden können. Wenn Du Deine Website über den Browser aufrufst und Deine Maus zur Seite legst – gelingt es Dir rein mit der Tastatur über Deine Website zu navigieren, Formulare auszufüllen und Akkordeons zu öffnen? Macht die Navigation für Dich Sinn oder ist die Reihenfolge bei der Navigation via Keyboard falsch?
Experten mit Website-Tests beauftragen
Weitreichendere Tests sind am besten über Accessibility-Experten zu realisieren, die mit spezialisierte Analyse-Tools und Verfahren Barrieren erkennen und aussagekräftige Auswertungen erstellen, um die Barrieren zu beheben.
Zum Teil bieten sie auch zusätzliche Prüfungen durch betroffene Personen an, um so viele Barrieren wie möglich zu erkennen und Hinweise zu geben, wie die digitale Teilhabe und Usability für alle Menschen verbessert werden könnte.
Darüber hinaus gibt in Deutschland den sogenannten BITV-Test, der ursprünglich für die Barrierefreiheits-Prüfung staatlicher Websites verwendet wurde. Dieser wird derzeit von der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit auch als Testmöglichkeit für Websites von Wirtschaftsunternehmen genannt.
Wie erstellt man eine barrierefreie Website?
Eine barrierefreie Website ist entsprechend dem BFSG eine Website die wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust ist. Um dies zu erreichen, müssen die in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 definierten Anforderungen entsprechend den Erfolgskriterien A und AA erreicht werden.
Die Richtlinien und Erfolgskriterien sind aktuell unter folgenden Link zu finden: https://www.w3.org/TR/WCAG21/.
Darüber hinaus gibt es inzwischen eine Neuauflage der Guidelines – die WCAG 2.2. Auch wenn sich die deutschen Gesetze und Verordnungen derzeit noch nicht auf diese Version beziehen, ist davon auszugehen, dass die Barrierefreiheit auch als erreicht gilt, wenn die Kriterien entsprechend der neueren WCAG-Version erreicht sind.
Du wünschst Dir Unterstützung bei der Erstellung einer barrierefreien Website? Dann komm gerne auf uns zu.
Wie sieht es mit alten Videos und Audios aus?
Für zeitbasierte Medien – wie Videos, Audios und interaktive audiovisuelle Inhalte – die vor dem 28. Juni 2025 erstellt wurden gilt das Gesetz entsprechend § 1 Abs. 4 Nr. 1 BFSG nicht.
Das heißt, dass z. B. auch Produktvideos, die ganz klar als Bestandteil einer Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr zur Förderung eines Verbrauchervertrags dienen, weiterhin verwendet werden können. Ein Nachweis, dass das Video bereits vor dem 28. Juni veröffentlich wurde, sollte allerdings möglich sein.
Sollte das Video dagegen nach dem Stichtag verändert werden oder ein komplett neues Video oder Audio erstellt werden, so ist dieses barrierefrei zu gestalten.
Hinweis: Für Bilder gibt es dagegen keinerlei Ausnahmen, so dass diese immer barrierefrei zu gestalten sind.
Muss eine barrierefreie Website auch Leichte Sprache anbieten?
Hier unterscheiden sich die Anforderungen an barrierefreie Websites von private Unternehmen entsprechend dem BFSGV und öffentlichen Websites des Bundes entsprechend dem BITV.
Demnach gehören weder Leichte Sprache noch Gebärdensprache zu den Anforderungen barrierefreier Websites von privaten Wirtschaftsunternehmen. Es ist für sie die Kür, nicht die Pflicht.
Müssen eingebundene Website-Inhalte von Drittanbietern auch barrierefrei sein?
Ja, grundsätzlich gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt auch für Inhalte, die eingebunden sind – wie z. B. eingebundene Bewertungen, Videos, Umfragen oder Kalkulatoren.
Es gibt nur eine paar wenige Ausnahmen, die im §1 Abs. 4 BFSG geregelt sind. Hierzu zählen z. B.
- zeitbasierte Medien, die vor dem 28. Juni veröffentlicht wurden (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 BFSG)
- Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen barrierefrei zugänglich in digitaler Form bereitgestellt werden (§ 1 Abs. 4 Nr. 3 BFSG)
- Inhalte von Dritten, die von dem betreffenden Wirtschaftsakteur weder finanziert noch entwickelt werden noch dessen Kontrolle unterliegen (§ 1 Abs. 4 Nr. 4 BFSG).
Macht eine barrierefreie Website auch Sinn, wenn das BFSG nicht greift?
Ja, es gibt viele gute Grunde für eine barrierefreie Website, die weit über die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben hinausgehen. Hierzu zählen z. B.:
1. Umsatzpotential und Marktanteil erhöhen
Viele Unternehmen würden sich um ¼ von 1 Prozent des möglichen Marktes in ihrem Sektor streiten. Es wäre daher es aus finanzieller Sicht nicht klug, die allgemein genannte Zahl von 1 zu 5 oder 15-20 % der Bevölkerung, die eine Behinderung haben, zu ignorieren.
2. Image verbessern
Nicht nur schlechte Nachrichten verbreiten sich, sondern auch gute. Freut sich eine Person mit Behinderungen oder Einschränkungen z. B. über eine erfolgreich abgeschlossene Reisebuchung, die sie online vorgenommen hat, wird sie davon Freunden und Familienmitgliedern erzählen und vielleicht auch anderen Betroffenen oder auch Arbeitskollegen.
3. Innovationen vorantreiben
Viele Lösungen, die ursprünglich für Menschen mit Behinderung entwickelt wurden, sind zu innovativen Produkten Ihrer Zeit geworden, die von vielen Menschen weltweit genutzt wurden oder werden. Hierzu zählen z. B. die Schreibmaschine, das Telefon, Lochkarten, Text-to-Speech, E-Mail und Sprachsteuerung.
4. SEO
Viele der zusätzlichen Optimierungen, die für die Barrierefreiheit vorgenommen führen dazu, dass nicht nur Screenreader die Website besser lesen können, sondern auch Google Deine Website besser versteht und entsprechend ranken kann. Hierzu zählen z. B. Alternative Texte für Bilder, Video- und Audio-Transkripte sowie saubere Semantik, Hierarchie und Codequalität. Weiter Tipps hierzu findest Du in unserem Artikel Was ist SEO?
Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen das BFSG?
Einerseits können die Marktüberwachungsbehörden Unternehmen, die gegen das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verstoßen zur Gesetzes-Konformität auffordern, Bußgelder verhängen oder sogar den Verkauf der betroffenen Produkte oder Dienstleistungen untersagen. Details hierzu hält der § 37 BFSG bereit.
Auf der anderen Seite kann es zu Unterlassungsklagen von Verbraucher- und Wettbewerbsverbände kommen. Letztes z. B. wenn aufgrund der Verstöße gegen das BFSG auch von Verstößen gegen das UWG – das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb – auszugehen ist.
Fazit – barrierefreie Website 2025
Eine barrierefreie Website ist für viele Unternehmen ab dem 28. Juni 2025 Pflicht, doch aktuell sind die meisten Websites nach wie vor noch nicht barrierefrei.
Da die Behebung von Barrieren oder auch die Neuerstellung einer barrierefreien Website mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, lohnt es sich hier so schnell es geht zu klären, ob Deine aktuellen oder geplanten Dienstleistungen unter dem BFSG fallen. Und wenn ja, ob Deine Website bereits barrierefrei ist.
Ist das nicht der Fall ist jetzt der beste Zeitpunkt, die Realisierung einer barrierefreien Website in Angriff zu nehmen. Falls Du dabei Unterstützung brauchst oder Fragen rund um das Thema barrierefreie Website hast, komm gerne auf uns zu.